Filippop Sorcinelli - Fango e Pesca

Filippop Sorcinelli - Fango e Pesca

Duftfamile: Fruchtig-Aqua-Aromatisch

Kopfnoten: Veilchenblätter, Koriander, Regennoten und Pfirsich

Herznoten: Osmanthus, Jasmin, Schlamm und Gurjanbalsam;

Basisnoten: Tabak, Moschus, Eichenmoos und Patschuli.

Eine heilige Kollision von Fleisch und Erde

Parfüm ist mehr als nur Duft – es ist Erinnerung, Identität, unsichtbar gemachte Emotionen. In Fango e Pesca lädt Filippo Sorcinelli uns in eine tiefgreifende, taktile Erzählung ein: ein Parfum, das zugleich ein Flüstern der Erde und ein Kuss des Obstgartens ist. Es ist nicht einfach nur ein Duft. Es ist eine Atmosphäre, eine Geschichte, ein unverfälschtes, in Dampf gehülltes Bekenntnis.

Fango e Pesca entfaltet sich vom ersten Atemzug an mit einem markanten Kontrast, der für Sorcinellis olfaktorische Sprache zentral ist. Es ist ein Paradoxon, fast eine Provokation: Der schwere, mineralische Duft feuchter Erde trifft auf die üppige Weichheit reifer Pfirsiche. Diese beiden Welten sollten nicht zusammenleben – doch in diesem Flakon tun sie es. Und sie tun dies mit Eleganz, Intensität und einer seltsam spirituellen Resonanz.

Der Auftakt ist unverblümt roh. Keine Süße begrüßt dich – nur der dunkle, kalte Hauch nasser Erde, als hättest du nach einem Regenschauer niedergekniet und deine Nase in die Erde gedrückt. Er ist elementar und erdend, ein Duft, der an klösterliche Stille, Steinmauern und die tiefe Demut der Materie selbst erinnert. Das ist Fango – Schlamm, aber nicht im groben oder schmutzigen Sinne. Vielmehr ist es heilige Erde: fruchtbar, uralt und lebendig.

Dann kommt das Unerwartete: ein Schimmer, eine Sanftheit, eine Unterbrechung. Pesca – Pfirsich – entfaltet sich nicht als süße Note, sondern als etwas Sinnliches, Fleischiges und Intimes. Er schmiegt sich an die Haut wie Sonnenlicht, das durch Buntglas gefiltert wird. Es ist nicht der Duft von Früchten in einer Schale – es ist noch warmes Obst vom Baum, dessen Schale von der Berührung menschlicher Hände leicht gequetscht wurde. Er ist sinnlich, ohne vulgär zu sein, ein Hauch von Süße, der nie in Genuss umschlägt.

Gemeinsam beginnen die erdige Basis und der Pfirsichakkord einen langsamen, hypnotischen Tanz. Keines von beiden dominiert. Sie umkreisen einander, verschmelzen, trennen sich wieder. Der Duft vertieft sich mit einer subtilen Moschusnote – Moschus auf der Haut, intim und flüsternd, wie der Duft am Hals eines Geliebten nach einem langen Waldspaziergang. Man spürt etwas Animalisches unter der Oberfläche, etwas Unausgesprochenes. Doch es wird nie aggressiv. Dies ist ein Duft der Kontemplation und stillen Leidenschaft.

Fango e Pesca entwickelt sich auf der Haut und wird immer persönlicher. Es strahlt nicht laut aus – es zieht ein und lädt andere ein, sich näher zu beugen und zu staunen. Die Komposition widersetzt sich jeder Kategorisierung: Sie ist weder traditionell männlich noch weiblich. Sie gehört dem Zwischenraum an, dem heiligen Grau, wo Identitäten verschwimmen und Gegensätze sich berühren.

Sorcinelli, bekannt für seine Arbeit mit sakralen Gewändern und avantgardistischer Parfümerie, bringt seinen charakteristischen Sinn für Liturgie in diese Kreation ein. Der Duft fühlt sich an wie ein Ritual: eine Taufe im Schlamm, eine Kommunion durch Früchte. In jeder Note liegt ein Gefühl von Ritual, von Präsenz, von Gewicht. Fango e Pesca trägt man nicht einfach – man kommuniziert mit ihm.

Der Name selbst, „Schlamm und Pfirsich“, mag dissonant, ja sogar schrill wirken. Doch genau darin liegt die Genialität des Duftes. Er erinnert uns daran, dass Schönheit oft in ungewöhnlichen Kombinationen liegt. Dass Reinheit aus dem Profanen kommen kann. Dass die Haut, wie die Erde, zugleich heilig und sinnlich sein kann. Dass Menschsein bedeutet, aus Lehm und Seele, Hunger und Heiligkeit gemacht zu sein.

Dieses Parfum ist nicht für jedermann. Es ist nicht darauf ausgelegt, der Masse zu gefallen oder Trends zu folgen. Es ist ein olfaktorisches Porträt für alle, die das Poetische, das Philosophische, das Rohe suchen. Für alle, die verstehen, dass die bewegendste Kunst die ist, die es wagt, tief zu fühlen, Unbehagen zu riskieren und in Widersprüchen zu sprechen.

Fango e Pesca lädt dazu ein, die Dualität zu erforschen – im Dreck zu knien und nach Früchten zu greifen, Süße im Schatten zu finden und sich daran zu erinnern, dass wir alle Geschöpfe der Erde und der Sehnsucht sind.